Gedenkstättenbesuch der Werkstatt Stolpersteine

Neun Schülerinnen und Schüler der Jahrgänge neun und zehn besuchten am 18.05.2022 die Gedenkstätte Brauweiler. Selten können Aktivitäten, die Betroffenheit, Beklemmung, Mitleid und auch Wut auslösen, als Erfolg bezeichnet werden. Im Bezug auf diese Exkursion ist das jedoch der Fall.
Auf dem 1000 Jahre alten Klostergelände wurden seit der napoleonischen Herrschaft Menschen zwangsweise untergebracht, die nach Ansicht der Führungsschicht nicht in das gewünschte Straßenbild passten. Landstreicher, Alkoholiker, Prostituierte oder schwer erziehbare Jugendliche fanden sich in den Gefangenenräumen wieder. Während der nationalsozialistischen Herrschaft ab 1933 waren vor allem Gegner des Regimes inhaftiert – darunter auch der Widerstandskämpfer Anton Andrzejczak aus Kamp-Lintfort.
Die Werkstattteilnehmerinnen und -teilnehmer recherchierten Antons Haftzeit in Brauweiler im Rahmen der anspruchsvollen Quellenarbeit an seiner Gestapo-Akte. Die Informationsflut auf rund 130 Seiten Fließtext vermag nicht, die Distanz zu der historischen Person Anton Andrzejczak zu überbrücken. Das kühle Klima, der Kellergeruch, die Kritzeleien an den Wänden der Hafträume, der Gesamteindruck dieser menschenunwürdigen Unterbringung und nicht zuletzt die eindrücklichen Schilderungen des Gedenkstättenpädagogen Markus Thulin über Folter und Qual versetzten die Schülerinnen und Schüler in die Lage, sich Anton anzunähern und sein Schicksal besser zu verstehen; er steht dabei exemplarisch für viele Opfer des Nationalsozialismus.
Die Recherche und Weitergabe der Biographien dieser Menschen geschehen nicht zum Selbstzweck. Vor dem Hintergrund, dass es nur noch wenige Zeitzeugen gibt, die ihre Geschichte erzählen können, erfüllen unsere Schülerinnen und Schüler mit der historischen Arbeit einen Teil ihrer Verantwortung als deutsche Staatsbürger, der Opfer des NS-Terrors respektvoll zu gedenken und aus der Vergangenheit zu lernen, damit sich solche Taten niemals wieder ereignen können.
Mit der Verlegung des Stolpersteins für Anton am 10.06.2022 ganz in der Nähe seiner damaligen Wohnadresse in der Kattenstraße in Kamp-Lintfort endet das Projekt jedoch noch nicht. Vielmehr ist es die Basis für bestehende und neue Projekte zum Thema an der Europaschule. Darüber hinaus stellt es für die Gedenkstätte Brauweiler die Initialzündung dar, die vorhandene Ausstellung neu auszurichten und Anton Andrzejczaks Biographie in ihr Zentrum zu stellen. Die Europaschule wird bei der voraussichtlichen Neueröffnung im Jahr 2024 dabei sein.

Links:

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LVR-Kulturzentrum Abtei Brauweiler - LVR-Kulturzentrum Abtei Brauweiler

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