Interreligiöse Begegnung in der Alten Synagoge in Essen

Wie wichtig und erfolgreich das Lernen an außerschulischen Lernorten abseits von Büchern und Arbeitsblättern sein kann, zeigte der im Rahmen des Religionsunterrichts (Jahrgang 5) durchgeführte Besuch der Essener Synagoge.

Um einen Einblick in die religiöse Praxis des Judentums zu gewinnen, besuchten drei Kurse des Jahrgangs fünf der Europaschule im Rahmen des Religions- und Philosophieunterrichts, begleitet von den Lehrerkräften Frau Mennekes, Frau Pavlak, Frau Kobi, Herr Korting und Herr Brendicke, die Alte Synagoge in Essen.

Dort wurden unsere Schüler*innen bereits von zwei Guides empfangen, die die Führung in der Synagoge übernahmen und Historie sowie Grundsätze des jüdischen Glaubens erläuterten und Fragen beantworteten.

Die jüdische Gemeinde in Essen gehörte einst zu den größten in Deutschland, heute zählt sie lediglich nur noch etwa 500 Mitglieder. Diese versammeln sich im Essener Süden. Die große Synagoge, die während des Zweiten Weltkriegs zerstört wurde, wurde in den 50er Jahren an alter Stelle wiedererrichtet und dient nun als Gedenkstätte, Museum und Lernort. An Authentizität verlor die Alte Synagoge jedoch kaum. Der weiträumige Versammlungsraum und der massive Toraschrein hinterließen bei den Fünftklässler*innen Eindruck.

Die Europaschüler*innen staunten über die Vielfalt der Architektur der Synagogen in aller Welt. Das türkisblaue Gebäude im indischen Mumbai sorgte für Erheiterung. Die Kinder sahen sehr alte Exemplare der Tora, die jeweils in hebräischer Sprache handgeschrieben die 5 Bücher Moses enthalten. Aus ihr wird abschnittsweise das ganze Jahr über in einem mindestens 3-stündigen Gottesdienst vorgelesen. Besonders viel Spaß bereitete den Europaschüler*innen anschließend das Schreiben einfacher Sätze auf Hebräisch und das Basteln einer eigenen Schriftrolle.

Beeindruckend  waren für die Schüler*innen auch die jüdischen Jahresfeste, die die Mitarbeiterinnen der Gedenkstätte auf spielerische Art und Weise vorstellten. Im Kreis auf einer Decke zu sitzen und anhand von jüdischem Spielzeug zu lernen, ist nicht alltäglich und macht jedem Kind Spaß. Voller Eindrücke, die das Verständnis der jüdischen Religion mit ihren für sie fremden Riten erweitert hatten, traten die Schüler*innen mit ihren Lehrer*innen die Heimfahrt an.

Wichtiger als die Klärung inhaltlicher Fragen scheint aus der Retrospektive die Begegnung an sich für die Persönlichkeitsentwicklung der Schüler*innen zu sein. Zuvor geäußerte Vorurteile und Befürchtungen im Bezug auf das Judentum konnten abgebaut, Verständnis hingegen aufgebaut werden. Die Nachbereitung des Synagogenbesuchs im Unterricht machte deutlich, dass die Kinder verstehen, wie wichtig es ist, informiert zu sein und sich vor allem ein eigenes – ungefiltertes – Urteil zu bilden, um letztlich ein friedliches Zusammenleben in einer dem Internationalisierungsprozess unterliegenden Gesellschaft ermöglichen zu können und ein mündiges Mitglied in einer Demokratie zu sein.
Begegnung-Bild